Begleitwort des Pfarrers in den Sommer-Ferien 2021:
Liebe Gemeinde, auch wenn so eine längere Auszeit wie im Sommerurlaub nicht immer möglich ist, muss man sich regelmäßig, wenn die Kräfte aufgebraucht sind, Orte der Stille zum Ausruhen aufsuchen. Selbst Jesus lädt im Markus-Evangelium (Mk.6, 30ff) seine Jünger nach ihrem Einsatz ein: „Kommt mit an einen einsamen, stillen Ort und ruht ein wenig aus“. Ja! Dem Stress des Alltags entfliehen, zur Ruhe kommen, zu mir selbst finden, dazu lädt Jesus hier ein. Diese Einladung Jesu können auch wir in die Ferienzeit übertragen.
Tatsächlich waren die Jünger Jesu fleißig unterwegs, „sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen.“ Da ist viel Arbeitsbegeisterung heraus zu spüren. Dann kam dieser Ruf: Rückzug. Abschalten. Einmal Zeit nehmen für dich. Einfach da sein. Ja! Jesus versteht es: die Jünger müssen nicht nur „funktionieren.“ Eben! In der Rasanz unserer Zeit muss der Mensch aber nur funktionieren, Leistung erbringen, nach dem Motto „Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen.“
Nun stelle ich mir bildlich vor, wie die Jünger nach ihrer Rückkehr von ihren Erlebnissen berichten, einige vielleicht ganz aufgeregt und euphorisch, andere vielleicht resignierend. Es ist wichtig, dass sie die Fülle ihrer Erfahrungen miteinander und mit Jesus teilen können. Dazu lädt uns Jesus zum einsamen Ort in den Ferien ein – um unsere Erfahrung/Erlebnisse mit ihm bzw. mit unseren Familien / Freunden zu teilen. Heute geht es vielen Menschen so, dass sie kaum noch abschalten können. Immer größere Herausforderungen im Beruf – heuer noch brisanter mit Home Office und allem, was dazu gehört. Der Leistungsdruck in der Gesellschaft wächst, und wir setzen uns immer wieder auch selbst unter Druck.
Scheinbar hat uns die Corona-Pandemie Rückzug und Isolierung verordnet, Chance für den „einsamen Ort“, den die Bibel beschreibt. Ein Ort, sich wieder selbst zu finden nach Hast, Terminkollisionen, Stress. Dieser Ort bietet Möglichkeit nachzufragen: Worin liegt der Grund meiner Unruhe? Was ist der Sinn meines Lebens? Wohin gehe ich? Ja! Wer ausgebrannt ist, wer im Burnout oder in der Depression lebt, kann doch nicht „Salz der Erde“, „Licht der Welt“ sein, wie von uns Christen erwartet wird; anders gesagt: der kann doch nicht Freude, Hoffnung, Zuversicht vermitteln.
Bei allem, was wir tun, ist es wichtig, immer wieder innezuhalten, sich eine Pause zu gönnen und zur Ruhe zu kommen. In dieser Ruhe werde ich wieder offen sein – für das Wesentliche; kann ich Gott in mich einlassen und meine Beziehung zu ihm neu beleben. Es gibt ganz unterschiedliche Methoden, wie Menschen abschalten können: die einen ziehen sich tatsächlich in die Einsamkeit zurück, auf einen Berg, an einen See, ans Meer; die einen brauchen Sport, Jogging, Fahrrad, andere brauchen den Austausch mit einem guten Freund oder einer guten Freundin, manche ziehen sich in ein Kloster zurück, andere in die Bibliothek, einige machen sich auf einen (Pilger)Weg, usw. Diese Zeit des Sommerurlaubs wäre eine gute Möglichkeit zur Ruhe zu kommen. Einfach abschalten.
Auch im Alten Testament hat Gott den Sabbat (Tag des Herrn) als „Tag des Ruhens“ geheiligt. Er soll für jeden ein Tag der Gottesbegegnung sein, mit Einladung nicht nur zum politischen- / wirtschaftlichen- / touristischen- / gastronomischen Stammtisch, sondern auch an den eucharistischen Stammtisch. Die Gelehrten des Talmud erzählen, dass der Sabbat nicht deshalb geschaffen wurde, weil Gott Ruhe gebraucht hätte, sondern Gott wollte, dass die Ruhe für uns geheiligt werde. Davon sind wir heute oft weit abgerückt. Ich meine nur: Zeit zum Abschalten ist lebensnotwendig. Allerdings dürfen wir nicht bei der Suche nach diesem stillen Ort des Ausruhens Gott außenvor lassen. Er schenkt uns die Kraft für neue Herausforderungen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine schöne Ferienzeit mit dem Segen Gottes.
Ihr Pfarrer Emeka Ndukaihe