Corona-Pandemie: Nur ein Alptraum, oder auch ein Aufruf zur Werte?
(Dr. Dr. Emeka V. Ndukaihe, Pfarrer in Christkönig)
Eine Frage beschäftigt mich seit dem Erscheinen des Coronavirus: Ist diese Pandemie ein Teil der Planung Gottes, um uns aus dem Schlaf aufzuwecken? Ich bin eher vorsichtig mit solchen Aussagen, denn ich weiß, dass wir Menschen in Krisenzeiten unseren Gott oft missverstehen und falsch interpretieren. Gott verursacht keine Katastrophen, er lässt sie aber zu. Und alles hat seinen Sinn. Gott macht keinen Fehler. Die Wahrheit allerdings ist: Diese Tragödie hat uns jetzt aufgeweckt. Der Schrecken dieser neuen Krankheit rüttelt tatsächlich, uns und die ganze Welt wach. Sie weckt uns auf bei all dem Unfug, den wir in den vergangenen Jahren untereinander und mit der ganzen Umwelt getrieben haben. Alle Ambitionen des Menschen und sein Streben nach Macht scheinen angesichts des realen Angriffs durch das Virus sinnlos. Alle politischen, ökonomischen und militärischen Mächte der Welt verneigen sich vor dem Virus. Es weckt uns auf, damit wir den Glauben (auch ohne Versammlung in den Gotteshäusern) wieder mehr schätzen können als bisher. Städte und Gemeinden sind stiller geworden – was zuvor undenkbar war. Benötigen wir vielleicht diese Stille?
Die Mächtigen in unserer Welt haben bis jetzt, zu Gunsten der Wirtschaft, den Klimawandel verharmlosen wollen. Hoffen wir, dass dessen Folge uns nicht schon überrollt haben wie das Coronavirus. Wir sind zum Umdenken aufgerufen. In der Weltpolitik hören wir keine Argumente mehr zur den Fragen, wer die solideste Wirtschaft hat, wer die größeren Waffen besitzt! Offenbar hat Gott eine Waffe, die alle anderen übertrifft. Sogar zwischen den politischen Parteien unseres Landes erleben wir plötzlich keine Wortgefechte mehr. Manchmal bedarf es tatsächlich nur eines gemeinsamen Feindes wie das Coronavirus, um Einheit zu erreichen!
Noch vor der Krise wurden die Menschen immer wieder aufgerufen und eingeladen – oft ohne Erfolg – in den Gottesdienst zu kommen und miteinander zu beten. Heute, wo alles still steht, macht sich ein Umdenken breit. Man schätzt es wieder, innezuhalten und sich Zeit zu nehmen für das Gebet zu Gott und mit anderen Menschen zusammen. Manche vermissen dies sehr. Vorher war es schwierig, sich auf dem Weg zum Gottesdienst zu machen, und viele wollten eher ausschlafen. Jetzt haben wir mehr als genügend Zeit zu schlafen, und uns fehlt plötzlich das gemeinsame Singen und Beten so sehr, dass Menschen bereit sind aus dem Wohnungsfenster gemeinsame Lieder hinaus zu singen. Oft schätzen wir etwas nicht, bis es uns weggenommen wird. Corona macht uns klar, dass wir das Wort Gottes in unseren Familien und Häuser wieder hineintragen müssen, Corona weckt uns dazu auf, wieder die Bibel in die Hand zu nehmen, wieder an Gott zu denken und im Glauben zusammen zu halten.
In dieser Osterzeit sind wir eingeladen (auch ohne Versammlung in den Kirchen) die Auferstehung Christi zu feiern. Der Ruf aufzuwachen geht an uns alle. Wacht auf! Das Leben ist mehr als die jetzige Angst und Unsicherheit. Jesus lebt und deshalb darf auch unser Glaube an ihn nicht sterben. Es ist falsch zu meinen, dass der Glaube nicht überleben wird! In schweren Zeiten und in Krisen hatte der Glaube immer fortbestanden, weil er Halt in diesen Krisenzeiten gegeben hat. So war es schon, in der biblischen Ostergeschichte, als die Apostel aus Angst vor den Juden sich im Oberstock verbarrikadiert hatten: Jesus zeigte sich ihnen und gab ihnen Mut. Selbst wenn der Glaube und die Kirche gezwungen würden in den Untergrund zu gehen (damals von der politische Macht, im heutigen Fall von Corona), sie werden nicht sterben. Der Glaube hat in über 2000 Jahren viele Krisen überstanden. Fürchtet euch nicht! Der Glaube widersteht jeder Attacke, sei es von einem Virus oder von Menschen, denn Jesus hat versprochen bei uns bis zum Ende der Welt zu bleiben. Die auf dem Felsen gebaute Kirche kann der Feind nicht zerstören. Hören wir auf diesen Weckruf zum Umdenken im Umgang mit einander und mit der Umwelt. Die Corona ruft uns auf, die Auferstehung zu wagen – von einem oberflächlichen zu einem vertieften Glauben. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Statt Angst zu haben sollen wir auf den auferstandenen Herrn schauen. In der Osterbotschaft heißt es: „Der Engel sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat“ (Mt.28, 5-6). Ja! Jesus ist wahrhaftig auferstanden. Er lebt. So werden auch wir leben, wenn wir an ihn glauben.